Mayada Nicolas

Von der Prinzessin zur Kämpferin

Mayada Nicolas weiß, was es heißt, für die eigenen Ziele zu kämpfen. Mit 47 Jahren kam sie aus Syrien nach Deutschland und musste ihr Leben hier noch einmal von vorn beginnen. „In dem Alter nochmal neu Deutsch zu lernen war schwer. Ich war immer die Älteste im Deutschkurs. Das hatte ich mir anfangs gar nicht zugetraut“, erinnert sich Mayada und ergänzt lachend: „In Syrien habe ich wie eine Prinzessin gelebt, und in Deutschland habe ich gelernt, eine Kämpferin zu sein.“ Im syrischen Latakia lebte sie in einem großen Familienhaus und arbeitete vier Stunden am Tag als Englischlehrerin in einer Privatschule, während ihr Mann als Juwelier beschäftigt war. In Deutschland drehte sich dann alles auf einmal um: Sie war nun diejenige, die sich um die Familie kümmern musste.

Ihr Weg führte sie 2018 in den Bundesfreiwilligendienst, den sie im Rahmen des Sonderprogramms BFD mit Flüchtlingsbezug bei den Franckeschen Stiftungen absolvierte. Mayada erinnert sich: „Das war eine tolle Erfahrung. Ich war in der Familienetage, in der Schule und in der Kita Maria Montessori im Einsatz. Vor allem die Zeit in der Kita war traumhaft.“

Nach ihrem BFD sollte es noch eine Weile dauern, bis sie in ihren Traumjob zurückkehren konnte: Über eine Berufspatenschaft der Freiwilligen-Agentur Halle fand Mayada zunächst eine Anstellung in der Küche einer Kita in Neustadt. Nebenbei absolvierte sie die Qualifikation zur pädagogischen Fachkraft und arbeitete dann als Hilfskraft in verschiedenen Kitas und Horten. Nach einer Weile gelang es ihr schließlich, eine Stelle als Erzieherin in einer städtischen Kita in Halle-Neustadt zu finden. Für sie ein Jackpot. „Das mache ich jetzt seit vier Jahren. In Vollzeit!“ erzählt sie mit Stolz. „Obwohl ich jeden Tag eine Stunde Arbeitsweg habe. Ich finde die Arbeit in Neustadt gut und wichtig, weil ich migrantischen Kindern und ihren Eltern mit der Sprache helfen kann.“

Das allein steht schon als riesiger Erfolg für sich – doch es blieb nicht dabei: Inzwischen hat Mayada den C1-Deutschkurs bestanden und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Vor kurzem hat sie ein eigenes Haus auf dem Dorf erworben und den Führerschein absolviert. „Ich habe alles erreicht“, erklärt sie mit strahlenden Augen.

Wie sie das alles geschafft hat? Ihr größter Ansporn sind ihre zwei Söhne und ihr Neffe, der wie ein Sohn für sie ist: „Ich wollte ihnen ein gutes Leben bieten, dass sie studieren können, und ich wollte ihnen ein Vorbild sein.“ Ihr Neffe bekräftigt ihre Erfolge: „Was du geschafft hast, ist unglaublich!“, freut er sich für sie.

Wenn Mayada zurückblickt, stellt sie fest: „Der BFD war die richtige Entscheidung für mich, denn es hat mein Selbstbewusstsein gestärkt und mir dabei geholfen, die ersten Schritte für meinen Weg ins Berufsleben zu finden.“

Was für ein unglaublicher Lebensweg – wir wünschen weiterhin viel Erfolg!

 

Text: Jasmin Brückner und Kristin Wicklein

Portraitfoto
Foto: Kristin Wicklein