Eine Allroundtalent startet durch
„Meine Mama ist die Krasseste!“ Mit diesen Worten beschreibt Mayaar ihre Mutter, Nissreen Ali – und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Was Nissreen während ihres Bundesfreiwilligendienstes geleistet hat, ist mehr als beeindruckend – aber der Reihe nach:
2018 kam Nissreen aus dem Sudan nach Halle, nachdem ihr Mann hier promoviert und eine Anstellung gefunden hatte. Für sie war schnell klar: „Ich wollte mich wirklich integrieren und die Sprache lernen.“ Gleichzeitig war sie gerade zum dritten Mal Mutter geworden und stieß in den Sprachkursen vorerst auf verschlossene Türen, denn eine Kinderbetreuung während der Kurse stand nicht zur Verfügung.
Mit der Zeit erfuhr sie vom WELCOME-Treff und war begeistert von den Angeboten vor Ort. Die kostenlosen Sprachkurse und Begegnungsmöglichkeiten halfen ihr, hier in Deutschland Fuß zu fassen. Als Nissreen dann erfuhr, dass einige Menschen im WELCOME-Treff ihren Freiwilligendienst absolvierten, war ihre Neugier sofort geweckt: „Ich dachte mir, das will ich auch. Ich fand diesen Ort so toll und fand es gut, nicht nur zuhause zu sein. Außerdem wollte ich weiter mein Deutsch verbessern.“
Mit diesem Ziel startete sie im Juli 2022 in ihren BFD – und in den B2-Sprachkurs, der im gleichen Zeitraum stattfand. Es folgten Monate, in denen jeder Tag bis auf die letzte Minute durchgetaktet war: Die Kinder zur Kita bringen, von 8 bis 11:15 Uhr in die Sprachschule gehen, von 11:30 bis 15 Uhr WELCOME-Treff arbeiten, die Kinder abholen, Essen kochen, den Haushalt schmeißen und Hausaufgaben machen. „Als ich dann mein B2-Zertifikat erhalten habe, hat sich das ein bisschen angefühlt wie nach einer Geburt“, lacht Nissreen.
Damit standen auch die nächsten Ziele fest: Wie auch im Sudan wollte Nissreen im Bildungsbereich mit Frauen arbeiten. Ihr B2-Zertifikat öffnete ihr für diesen Weg neue Türen. Nach ihrem Freiwilligendienst begann sie im September 2023 einen Minijob im sozialen Bereich und fand dann im April 2024 eine Anstellung beim Verein Saida e.V. in Leipzig. Dort kann Nissreen ihr Wissen aus der Arbeit im Bereich Frauenbildung und -gesundheit einbringen, das sie im Sudan erworben hatte. Sie berät nun Frauen mit Fluchterfahrung, gestaltet Bildungsangebote und unterstützt bei der Sprachmittlung. Dass sie in den letzten Jahren sowohl genügend Sprachkenntnisse als auch Qualifikationen sammeln konnte, ist vor allem ihrem Durchhaltevermögen und ihrer Motivation zu verdanken. Klar also, dass sie für ihre Tochter Sanaa die Krasseste ist.
Ob sie trotz all der Anstrengung den Bundesfreiwilligendienst weiterempfehlen würde? „Auf jeden Fall!“, sagt Nissreen. „Sprache ist immer der Schlüssel für alles hier und man sollte alle Möglichkeiten nutzen, die es gibt. Außerdem kann man einen BFD an Orten wie dem WELCOME-Treff machen, an denen man wirklich Offenheit erlebt und viel lernen kann. Das kann ich sehr empfehlen.“
Wir sind beeindruckt von so viel Zielstrebigkeit und wünschen für die Zukunft alles Gute!
Foto: Marcus-Andreas Mohr
Text: Jasmin Brückner