Die Stadt Bernburg zeigt beispielhaft, wie Freiwilligendienste zur erfolgreichen Integration von Menschen mit Migrationserfahrung beitragen können. Seit 2011 ist die Stadt Träger für den Bundesfreiwilligendienst (BFD) und bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten in sozialen Einrichtungen für Freiwillige, von Kindertagesstätten über Schulen bis hin zur Obdachlosenhilfe.
Eine Vision wird Realität
Im Zentrum dieser Erfolgsgeschichte steht Johanna Müller vom Personalamt, die den BFD seit Jahren koordiniert. „Als vom Bund das Programm „BFD mit Flüchtlingsbezug“ eingeführt wurde, waren es zu Beginn noch vor allem Deutsche, die sich für die Hilfe von Geflüchteten engagierten,“ erinnert sich Johanna Müller. „Mit der Zeit wurden dann die Geflüchteten selbst zu Freiwilligen.“ Diese Entwicklung erwies sich als Gewinn für alle Beteiligten, insbesondere in pädagogischen Einrichtungen, wo die sprachlichen und kulturellen Kompetenzen der Freiwilligen mit Migrationshintergrund hoch geschätzt werden. „Sie ermöglichen einen viel besseren Zugang zu Kindern und Eltern mit Migrationsgeschichte“, erklärt Johanna Müller.
Herausforderungen und Anpassungen
Als 2018 das Sonderprogramm „BFD mit Flüchtlingsbezug“ auslief und damit auch das sogenannte „Entsendungsprinzip“, hatte dies spürbare Auswirkungen. Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist das „Coffee to stay“, eine wichtige Anlaufstelle und Begegnungsstätte für Geflüchtete in Bernburg. In dieser aus einer Freiwilligen-Initiative entstandenen Einrichtung konnten nach dem Wegfall des Entsendungsprinzips keine Bundesfreiwilligen mehr beschäftigt werden.
Trotz dieser Herausforderungen zeichnet sich Bernburg durch seine Anpassungsfähigkeit aus. Die kurzzeitige Wiedereinführung des Entsendungsprinzips während der Ukrainehilfe ermöglichte es, Freiwillige flexibel dort einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht wurden – beispielsweise bei der Spendenverteilung und in der Sprachmittlung.
Eine Kultur des Willkommens
Der Erfolg des Programms in Bernburg basiert auf einer klaren Haltung der Stadt. „Die Stadtverwaltung ermöglicht es, dass die Werte des Willkommens aktiv gelebt werden können,“ betont Johanna Müller. Diese Offenheit spiegelt sich in den Einsatzstellen wider, die sich die Zeit nehmen, den Freiwilligen alles zu erklären und die von deren Motivation und Erfahrung profitieren.
Innovative Ansätze
Besonders hervorzuheben ist die Flexibilität bei den Zeitmodellen. Die Möglichkeit, zwischen Voll- und Teilzeit zu wechseln, erlaubt es den Freiwilligen, ihren Dienst mit Sprachkursen zu kombinieren. „Den Deutschlernprozess zu fördern ist in unserem Interesse,“ unterstreicht Johanna Müller.
Das Beispiel Bernburg zeigt eindrucksvoll, wie der Bundesfreiwilligendienst als Instrument der Integration und des gesellschaftlichen Zusammenhalts wirken kann. Mit Offenheit, Flexibilität und einem klaren Bekenntnis zur Vielfalt schafft die Stadt einen Raum, in dem Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen gemeinsam wachsen und voneinander lernen können.
Text: Kristin Wicklein
Foto: Marcus-Andreas Mohr